“… und natürlich wollen wir alle Hoteldirektor werden.”

Bruneck. Am 05.03.2012 fand im Raiffeisenforum Bruneck wieder der Tourismus Management Club (TMC) statt. Wie sich Anforderungsprofile des Tourismus mit den jeweiligen Aus- bzw. Weiterbildungsmöglichkeiten decken, wurde zum Thema „Ausbildungsprofile im Tourismus – Wunsch und Wirklichkeit“ diskutiert.

Judith Senoner, Personalchefin der Falkensteiner Michaeler Tourism Group (FMTG) mit Sitz in Wien, erklärte, wie sie die manchmal über 300 Bewerbungen auf 10 Stellen beurteilt: welche Ausbildung hat der Bewerber, was hat er während der Ausbildung an Erfahrungen gesammelt und wie zeigt er sich in dem oft nur sehr kurzen Moment, in dem sie sich mit der Bewerbung beschäftigt. Ein „Entweder-Oder“ gäbe es zwischen Ausbildung und Berufserfahrung nicht. Aus Frau Senoners Sicht unterschätzen vor allem kleinere Betriebe oft die Ausbildung der Studenten und übergeben ihnen nicht genug Verantwortung. Den Absolventen fehle jedoch oft das sogenannte Soft Skill Training, d.h. die Führungserfahrung. Aus diesem Grund bieten viele Betriebe ihre eigenen Weiterbildungsmöglichkeiten an, so auch die FMTG mit der Falkensteiner Academy.
Der Hotelier und Vizepräsident des Hoteliers- und Gastwirteverband (HGV) Helmut Tauber charakterisierte das perfekte Bewerberprofil als mehrsprachig, flexibel und gut ausgebildet. Und mit einem charmanten „… und natürlich wollen wir alle Hoteldirektor werden“ sprach er so den Wunsch eines jeden Tourismusstudenten oder –auszubildenden aus. Die Diskrepanz zwischen Wunsch und Wirklichkeit erklärte er durch einen Mangel an Abteilungsleitern und Bewerbern für eine Ausbildung für Rezeption und Service. Wie Judith Senoner anklingen ließ, gibt es heute zu viele, die sofort zum „Häuptling“ ernannt werden wollen, ohne zuvor ein „Indianer“ gewesen zu sein.  Helmut Tauber nannte auch den Grund für das Problem der fehlenden Abteilungsleiter. Früher waren Betriebe meist zentralistisch strukturiert, d.h. der Hoteldirektor organsierte die komplette Arbeit jeder Fachkraft. Immer schneller verschieben sich allerdings Struktur und Verantwortung und es entstehen Arbeitsstellen für Abteilungsleiter und Manager, die von keinem konkreten Ausbildungsweg erreicht werden können. Dies betonte auch Oswin Maurer, Professor an der Freien Universität Bozen. Er kritisierte das System in Mitteleuropa, weil Ein-, Aus- und Umstiege in die Tourismusbranche sowie das Programm der Universitäten zu wenig flexibel sind. Außerdem ging er auf die verschiedenen Bedeutungen von „Bildung“, „Ausbildung“ und „Weiterbildung“ ein, was ihn zu dem Problem führte, dass die drei Bereiche oft verschiedene Ziele verfolgen oder sich gar widersprechen.
In der Diskussionsrunde nach den Vorträgen wurde deutlich, dass sowohl anwesende Hoteliers als auch die Vortragenden sich einig waren: ob es das relativ geringe Interesse an Ausbildungsfragen oder das Schreiben von standardisierten und fehlerhaften Bewerbungen – Chancen im Tourismus werden zu selten genutzt.

Die nächste Veranstaltung des TMC findet am Montag, 26.03.2012, wie gewohnt um 20 Uhr in der Raiffeisenkasse Bruneck zum Thema „Social Media und Mobile Devices im Tourismus“ statt.