„Olympiabewerbe auch in Südtirol“ war das Thema der ersten TMC-Veranstaltung dieses Jahres im Raiffeisen Forum Bruneck. Manfred Call, Jurist und Sportmanager aus Bozen, hat den Abend mit einer Gegenüberstellung von Vor- und Nachteilen von Olympiabewerben begonnen. Stefan Grass, Leiter des Komitees Olympiakritisches Graubünden, hat in seinem Vortrag Olympia als ein „Auslaufmodell“ bezeichnet und Thomas Schuster, Bürgermeister der Gemeinde Rasen-Antholz hat die Situation in Antholz präsentiert.
„Glauben Sie, dass Olympiabewerbe in Südtirol einen nachhaltigen Effekt auf die Entwicklung des Landes haben?“, so lautete die Frage, mit der das Publikum gleich zu Beginn der Veranstaltung konfrontiert wurde. Am Ende der Veranstaltung wurde dieselbe Frage noch einmal gestellt und eine leichte Verlagerung von „ja“ zu „nein“ war zu erkennen.
Manfred Call, der eine Machbarkeitsstudie zur Ausrichtung von Olympischen Winterspielen in Südtirol erstellt hat, bezog eine klare Position: „Gut für Südtirol, schlecht für Italien“ und er bezeichnete Olympia in Italien als „finanziellen und ökologischen Wahnsinn“. Als Beispiel nannte er Turin, wo Sportstätten seit 2006 nicht mehr genutzt werden, als auch die Abschlussbilanzen der Spiele der letzten Jahre, die immer das vorgesehene Budget bei Weitem überschritten haben. Gründe für Budgetüberschreitungen sind die langen Vorlaufzeiten der Kandidatur (8-9 Jahre), die Aufnahme neuer Bewerbe, Änderungen der politischen und wirtschaftlichen Situation und Digitalisierungserfordernisse. Olympiabewerbe bringen laut Call auch positive Effekte. Kernfrage ist: Überwiegen die Kosten oder der Nutzen?
„Olympia ist ein Auslaufmodell“, stellte Stefan Grass, Leiter des Komitees Olympiakritisches Graubünden, einleitend fest. Er beschrieb Olympia im Alpenraum als „17 Tage Feier mit 17 Jahren Schulden“, wobei diese verstaatlicht, Gewinne jedoch privatisiert werden. Laut Grass sind Olympische Spiele heute sozial und ökologisch nicht mehr verträglich, denn sie werden nie kleiner: zusätzliche Straßen, Parkplätze und Unterkünfte müssen gebaut werden, der logistische Aufwand und die Kosten der Sicherheit steigen exorbitant. Volksabstimmungen zur Abhaltung von Olympischen Spielen in der Schweiz, Deutschland und Österreich zeigen deutlich, dass die Bevölkerung im Alpenraum nicht mehr bereit ist, diese großen Belastungen mitzutragen.
Antholz ist seit knapp 50 Jahren Austragungsort von Biathlonwettbewerben. Laut Thomas Schuster, dem Bürgermeister von Rasen-Antholz, sind viele der Kapazitäten, die für die Olympischen Spiele 2026 in der „Südtirol-Arena“ gebraucht werden, schon vorhanden und daher die durch Olympia zusätzlich entstehenden Kosten noch tragbar. Nach 2026 haben Olympische Spiele in Antholz wahrscheinlich keine Zukunft. Olympia in Antholz wird jedoch das Image von Antholz als „Weltklasse A“ Biathlonaustragungsort stärken.
Alle Referenten stimmten darin überein, dass Südtirol hinsichtlich der Austragung von olympischen Wettbewerben eine positive Ausnahme in Italien darstellt und durchaus mit positiven Effekten für Südtirol und das Pustertal verbunden sein wird.
TMC-FOTO 11.11.2019 (v.l.n.r.): Matteo Czeslik (TMC, Moderation), Thomas Schuster (Bürgermeister der Gemeinde Rasen-Antholz), Manfred Call (Jurist und Sportmanager aus Bozen), Stefan Grass (Leiter des Komitees Olympiakritisches Graubünden), Nadine Ellecosta (TMC, Moderation), Prof. Dr. Oswin Maurer (Freie Universität Bozen)