Eine rege Diskussion fand gestern Abend im Rahmen des Tourism Management Club zum Thema Das Reisen und Verweilen in Südtirol – Mainstream oder Avantgarde? im Raiffeisenforum in Bruneck statt. Die Veranstaltung wurde in Zusammenarbeit mit der SMG abgehalten. Zu Gast waren der Historiker und Landtagsabgeordnete Hans Heiss aus Brixen, der Direktor des Touriseum Meran Paul Rösch, sowie der Nordtiroler Schriftsteller Alois Schöpf.
Auf die Frage worin die Kultur des Reisens in Südtirol beruhe, betonte Hans Heiss zwei Erfolgsgrundsätze: Tradition der Gastlichkeit und Qualität des Angebots. Diese beiden Faktoren bauen aufeinander auf, da es im Tourismus Qualität ohne Gastfreundschaft nicht geben kann.
Herr Rösch griff diesen Ansatz auf und begründete die Südtiroler Qualität der Gastfreundschaft damit, dass durch die Mischung der Kulturen eine besondere Toleranz gegenüber Gästen entstanden ist. Hierbei ist auffallend, dass sich die Freizeitaktivitäten der Einheimischen kaum noch von den Aktivitäten der Touristen unterscheiden. Dadurch wird es jedoch immer schwieriger, die besonderen Interessen und Bedürfnisse von Touristen herauszufiltern und entsprechende Angebote erstellen zu können.
Dreifache Sprache – dreifacher Appetit, wie Herr Rösch mit dem Beispiel der kulinarischen Unterschiede in Südtirol auf das Spannungsverhältnis im Land anspielt, fasst Herr Heiss als Ikone europäischer Vielfalt zusammen. Dies macht Südtirol im Hinblick auf die Tourismuswirtschaft im Zusammenspiel mit der Toleranz der Einwohner gegenüber diesem profitablen Wirtschaftszweig zu einem ehrlichen Produkt.
Die Frage, ob Südtirol eine neue Kultur des Reisens und Verweilens braucht, beantwortet Alois Schöpf mit einem klaren Nein. Seiner Meinung nach wird die Tourismusbranche in der heutigen Form auch in Zukunft funktionieren, gefordert wird jedoch die Zusammenarbeit der Betriebe und die Einbeziehung aller gesellschaftlichen Bereiche.
Während sich Herr Rösch und Herr Heiss auf den sanften Tourismus der Gelassenheit verständigten, appellierte Herr Schöpf an die Notwendigkeit einer abwechslungsreichen Unterhaltung der Gäste, um authentische Langeweile nach nur wenigen Tagen Aufenthalt zu vermeiden. Hierbei hat Südtirol durch seine besondere Gastfreundschaft, die den Einheimischen als christliche Pflicht im Blute liegt, und durch seine Erfahrung im Tourismus das Potential, das Angebot an alle Gästegruppen anzupassen.
Südtirol im Wechselspiel von Mainstream und Avantgarde.
Verfasser:
Eva Sturm, Jasmin Weissenhorn