Newsletter vom 13.12.04
Tourismusvereine in Südtirol, zahlreich und doch notwendig
Unter dem Motto “Die Aufgaben der Tourismusvereine in Südtirol – Sind sie mit Aufgaben überladen? Können andere die Aufgaben übernehmen? Brauchen wir sie eigentlich noch?” stand die gestrige Veranstaltung des Tourismus Management Clubs (TMC) in der alten Turnhalle in Bruneck. Warum die Südtiroler nicht Diener des Tourismus seien und weshalb die Referenten sich für die Tourismusabgabe aussprachen.
Drei hochrangige Vertreter der Wirtschaft, Dr. Harald Pechlaner, Professor für Unternehmensführung an der Universität Eichstätt, Dr. Erwin Lanzinger, Präsident des Landesverbandes der Tourismusvereine (LTS), Sexten, und Dr. Christoph Engl, Direktor der Südtirol Marketing Gesellschaft (SMG), Bozen, vertraten ihre Standpunkte zu obigem Thema und luden zur anschließenden Podiumsdiskussion ein. Thomas Widmann, Landesrat für Tourismus konnte wegen einer Regionalratssitzung leider nicht anwesend sein. Die Moderation wurde übernommen von Dr. Eberhard Daum.
Die drei Referenten waren sich einig, dass eine Tourismusabgabe für alle Unternehmen, die direkt oder indirekt am Reiseverkehr betroffen sind, sinnvoll und notwendig ist, da eine Organisation des Tourismus unumgänglich ist, vom Land aber nicht finanziert werden kann.
“Die Aufgaben der Tourismusvereine und -verbände müssen klar abgegrenzt werden. Sie können nicht mehr alles selbst übernehmen, Aufgaben auf Marktebene wie Marketing, Branding und Produktenwicklung muss ein Dachverband wie die SMG ausführen, während Aufgaben auf Produktebene wie Animation, Information und Mitgliederbetreuung von den Vereinen und Verbänden übernommen werden müssen” so Dr. Pechlaner.
Dr. Lanzinger erinnerte an die Anfänge des Tourismus, in denen Verschönerungsvereine gegründet wurden, um Orte und Regionen attraktiver zu gestalten. “Selbst diese Verschönerungsvereine brauchten Organisation” meinte Lanzinger. Heute sind 25 Millionen Übernachtungsgäste pro Jahr in Südtirol, von denen jeder circa 100 Euro pro Übernachtung ausgibt. Das ergibt einen Umsatz von jährlich 2.500 Millionen Euro, der durch den Reiseverkehr eingenommen wird, und von dem die gesamte Region profitiert. Einwände, dass Länder wie Spanien oder à„gypten auch keine Tourismusvereine haben und Südtirol demzufolge auch keine solche Einrichtung braucht, begegnete Lanzinger mit folgendem Argument: “In diesen Gebieten bleibt das Geld nicht im Land, große ausländische Hotelketten behalten ihre Gewinne für sich. Die Einwohner sind nur Diener des Tourismus, Angestellte in Unternehmen, sie profitieren nicht davon wie hier in Südtirol”.
Für Dr. Christoph Engl war die Kernfrage der Veranstaltung falsch formuliert. “Es geht darum, welche Strukturen der Markt verlangt, damit wir 25 Millionen Übernachtungen garantieren können. Wir brauchen Organisation, das ist gar keine Frage, nur, wie soll diese strukturiert sein?” Er verwies auf die Bedürfnisse der Kunden im Zeitalter des Internets und der schnellen internationalen Kommunikation. Dafür brauche man 24-Stunden Strukturen und keine Halbtagsjobs. “Wir müssen uns verhalten wie ein großes Unternehmen, in dem es Abteilungen gibt und jeder seinen Zuständigkeitsbereich hat. Je größer das Unternehmen, desto komplexer die Struktur”.
Der abwesende Thomas Widmann ließ sich durch eine schriftliche Erklärung entschuldigen und stimmte einer Tourismusabgabe ebenso zu wie die anderen Referenten.
Die anschließende Podiumsdiskussion fand regen Zuspruch beim Publikum. Helmut Innerbichler, Vizepräsident des Handwerkerverbandes plädierte gegen eine Tourismusabgabe, insbesondere für Handwerker, signalisierte jedoch Diskussionsbereitschaft, während der Unternehmerverband (vormals Industriellenverband) sich schriftlich gegen die Einführung einer solchen Steuerbelastung aussprach und mit Erhebung einer Innovationssteuer drohte.
Konkrete Pläne, wie die Steuer aussehen soll, gäbe es noch nicht, so Lanzinger, die Konkurrenz in Nordtirol habe eine solche Abgabe aber schon seit Jahren. Einwänden des Publikums, dass “Grabenkämpfe” zwischen einzelnen Vereinen eine effiziente Zusammenarbeit im Tourismus Südtirols verhindern, entgegneten die Referenten mit dem Konzept der Verschmelzung kleinerer Vereine und der Gleichgültigkeit des Kunden gegenüber administrativen Grenzen. Nur gemeinsame Werbung und Vermarktung wird Erfolg haben.
Der Abend schloss mit dem Fazit der Notwendigkeit der Tourismusvereine, aber auch mit dem Wissen um das Bedürfnis veraltete Strukturen neu zu organisieren und die Frage der Finanzierung gerecht zu lösen müssen.
Das Presseteam des Tourismus Management Club (TMC)
Ein Projekt des Laureatsstudienganges für Tourismusmanagement in Bruneck
Freie Universität Bozen