Die Wiederentdeckung der Spritualität oder das pilgernde Volk Gottes

Die dritte Veranstaltung des Toursim Management Club (TMC) Bruneck im Raiffeisenforum in Bruneck stand unter dem Motto “Tourismus: Der neue Minimalismus, die neue Spiritualität“. Die Vorträge der drei geladenen Gäste Paolo Renner, Phil.-Theol. Hochschule Brixen, Artur Schmitt, Bildungshaus Kloster Neustift und Oswin Maurer, Freie Universität Bozen, stießen auf großes Publikumsinteresse.

“Wir sind das pilgernde Volk Gottes!“. Damit eröffnete Paolo Renner den Abend. Die ständige Bewegung, das Wandern und Pilgern zählen zu den Heiligtümern des postmodernen Menschen. Früher wurde die Kirche als stabile, unbewegliche Institution gesehen, heutzutage wird Bewegung als etwas Kirchliches betrachtet. Unsere Gesellschaft ist oft materialistisch, aber Wohlstand alleine reicht nicht um glücklich zu sein. Aus dem Alltag flüchten, aus dem grauen, langweiligen und oft belastenden Alltag auszusteigen ist das Ziel des postmodernen Menschen.

Dieses Bedürfnis zur Beweglichkeit kommt von den Menschen. Tausende von Leuten pilgern, wandern, reisen zu den magischen Orten dieser Welt. Nach Paolo Renner sind es nicht die Werbespots, welche die Menschen anziehen, nein, es sind ganz allein die Erzählungen, dieses Besserfühlen und die Wohltat jener, die bereits die Reise auf sich genommen haben. Der postmoderne Mensch strebt nach Wellness für die Seele und will über das Selbstverständliche hinaus, das Verborgenen und Geheimnisvolle kennenlernen. Er/Sie strebt nach dem Erlebnis der Reinigung und Erneuerung und ist dabei gewillt, Opfer zu bringen und Begegnungen zu haben. Am Ende jedes Weges ist das Ziel die eigene Wiederfindung. Dinge bewusst zu erleben und nicht einfach nur zu erledigen, sollte die Devise sein; frei nach Alexander Langer – langsamer, sanfter und tiefer.

Wenn man Spiritualität und Tourismus verbindet, muss man den Gästen etwas geben könne, Ihnen auf ihrem Weg weiterhelfen. “Etwas geben können ist Voraussetzung. Haben wir wirklich etwas zu geben?“, fragte Artur Schmitt am Beginn seines Vortrages.
Um etwas geben zu können, hat das Kloster Neustift 2008 begonnen verschiedene Pakete von “Urlaub mit Sinn“ zu planen. Anfänglich entschieden die Reiseveranstalter selbst über die Gestaltung der Angebote im Bildungshaus. Danach hat das Kloster jedoch die Themenwochen selbst gestaltet und Kombinationen aus Kunst&Kultur, Geschichtliches&Geistliches, Bewegung&Einkehr, Gesundheit&Genuss als Haupthemen zu definiert. Die Bewerbung erfolgt in Zusammenarbeit mit Reiseagenturen und für 2011 sind elf verschiedene Themenwochen vorgesehen. Die Mitarbeiter des Bildungshauses haben viel Arbeit in dieses Projekt investiert und auch wenn ca. 250.000 Personen jährlich das Stift besuchen, ist es nicht sicher, dass dieses Angebot erfolgreich sein wird. Auf jeden Fall wird es ein Nischenprodukt bleiben, das immer nur besondere Leute und Zielgruppen anspricht. Die hohen Erwartungen der Gäste und die zeitlichen Möglichkeiten des Klosters erschweren die Durchführung dieses Tourismus- und Spiritualitätprojektes zusätzlich.

Jeder kennt sie! – Orte wie Macchu Picchu, die Nazca Linien oder Gordon River, doch auch neue Magische Orte wie Leadenhall (Harry Potter), Hobbiton (Herr der Ringe) und das einzigartige Vrigin Galactic Spaceship sind nach Oswin Maurer Plätze, an denen Spiritualität erzeugt wird beziehungsweise erzeugt werden kann. Doch werden diese Ziele wirklich wegen Ihrer Magischen Wirkung besucht, oder sind die Grenzen zwischen Spiritualität, Re-enactment und “Adabei“ fließend?
Spiritualität ist ein Sorgenkind für das Management im Tourismus. Die Tourismusbranche arbeitet ökonomisch orientiert und braucht Zahlen, Zahlen die es kaum gibt. Die Zielgruppenabgrenzung ist schwierig, da sich das Angebot auf kein spezielles Segment beziehen kann. Man spricht von einem Hybridsegment.
Entscheidend für den Anbieter sind die Struktur und Authenzität von Angeboten. Eine Vielzahl von Aktivitäten ist gleichartig, Spiritualität strebt jedoch nach etwas Einzigartigem. Touristiker müssen sich im Klaren sein, dass die angebotenen Produkte relevant für die jeweils individuelle Spiritualität von Touristen sein müssen. Besucher brauchen die Chance, etwas mitnehmen zu können, Wirkungen zu erfahren, etwas zu spüren, vertraut zu werden und eine neue Erfahrung zu machen.