Was kann Südtirols Tourismus von den Genossenschaften lernen?

runeck/ Raiffeisen Forum – TMC Montag 17. März 2014: Genossenschaften, genossenschaftliche Ansätze und Beispiele erfolgreicher genossenschaftlicher Aktivitäten standen im Mittelpunkt des vom TMC organisierten Diskussionsabends am Montag, 17. März, Abend im Raiffeisen Forum Bruneck.

Frau Michaela Paulmichl, Direktorin des Amtes für die Entwicklung des Genossenschaftswesens stellte in ihrem Beitrag die Zuständigkeiten, gesetzlichen Grundlagen und  Prinzipien der Genossenschaften sowie Daten und Fakten zum genossenschaftlichen Sektor in Südtirol dar. So sind zur Zeit 992 Genossenschaften  im Landesregister eingetragen; jedoch ist anzumerken, dass der Sektor klein- bis kleinststrukturiert ist. So haben 65% aller Genossenschaften weniger als 50 Mitlieder. Die große Mehrzahl an Mitgliedern (84%) ist in drei Genossenschaftstypen organisiert, nämlich in der Kategorie „Andere“ Genossenschaften (z.B. Volksbanken, Energiegenossenschaften, Gemeindeverbände), Kreditgenossenschaften und landwirtschaftliche Genossenschaften. Potential für genossenschaftliche Organisation in der Tourismusbranche sieht Frau Paulmichl insbesondere in intersektoralen Kooperationsformen.

Herr Christian Tanner, Vizedirektor des Raiffeisenverbandes Südtirol, erläuterte die Vorteile genossenschaftlicher Organisation und wies insbesondere auf die Parallelitäten dieses Geschäftsmodells zu den Anforderungen  modernen Managements hin, die von Unternehmen Flexibilität, Anpassungsfähigkeit, Mitarbeiter- und Eigentümerbeteiligung, Individualisierung des Angebots, das Schaffen dauerhafter Beziehungen,  Kunden- und Lieferantenloyalität . u.v.a.m. einfordert, wobei Genossenschaften diesen Prinzipien, die aktueller denn je sind, immer schon folgten. Besonders interessant ist dieses Organisationsmodell  in Branchen, die Schwachstellen in der Wettbewerbsfähigkeit bereits aufweisen bzw. entwickeln. Über die Kreation von „member value“ sind Genossenschaften eigentlich prädestiniert dafür, die Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig zu erhöhen und mittelbare Vorteile (Eigentum), unmittelbare Vorteile (Leistung) sowie nachhaltige Vorteile (Investition) für Mitglieder, aber auch die Gesellschaft insgesamt, zu generieren.  Mit Bezug zur Tourismusbranche sieht Tanner Chancen für genossenschaftlich organisierte Betriebe insbesondere in den Bereichen Betreuung von Touristen, Einkauf von Betriebsmitteln und in der Führung touristischer Organisationen.

Herr Walter Holzer von der hogast Italien Genossenschaft ging noch genauer auf die verwaltungstechnischen, informationstechnischen, preislichen sowie qualitativen Vorteile ein, die eine Genossenschaft ihren Mitgliedern, jedoch auch der Gesellschaft insgesamt, bietet. hogast ist Südtirols führende Einkaufsorganisation der Hotellerie und Gastronomie und somit direkt in die touristische Wertschöpfungskette des Landes eingebunden. Heute ist die Genossenschaft nicht nur im Warengeschäft, sondern auch als Dienstleister, tätig und generiert für Mitglieder sowohl verwaltungs- und informationstechnische, als auch preisliche und qualitative Vorteile. hogast hat zur Zeit 625 Mitglieder, die einen Umsatz von 227 Mill. Euro generieren. Dieser Umsatz, der mit  24 Mitarbeitern erzielt wird, verteilt sich auf die Warengruppen Energie (32%), Investitionsgüter (14%), sonstige Dienstleistungen (48%) und anderes (6%). hogast ist ein hervorragendes Beispiel dafür, dass genossenschaftliche Organisationsformen auch in der Tourismusbranche gut funktionieren.
Tourismus und Genossenschaften ist ein Bereich, in dem in Südtirol noch unglaublich viel Platz für ein erprobtes und in vielen Bereichen sehr erfolgreiches Unternehmensmodell ist. Insbesondere in der Kooperation zwischen touristischen Unternehmen bietet sich ein Feld für innovative Ansätze und Entrepreneure, jedoch auch für die Forschung stellt horizontale/laterale Kooperation in der Tourismusbranche ein interessantes und in Zukunft wichtiger werdendes Gebiet dar.

Foto: TMC-Publikumsdiskussion mit den Referenten (v.l.n.r.): Christian Tanner (Raiffeisenverband, Bozen), Michaela Paulmichl (Amt für die Entwicklung des Genossenschaftswesens, Bozen) und Walter Holzer (hogast Italien Genossenschaft, Bozen)